Reitz Stories

Die Null muss stehen

Wie wäre es, wenn man keinen Strom zukaufen müsste, sondern den gesamten Bedarf inhouse produzieren könnte? Ein Gespräch mit Reitz Energiemanager Karl-Heinz Hörnlein.

Titelbild Story Nachhaltigkeit

Karl-Heinz Hörnlein ist in der Reitz Gruppe mitverantwortlich für Arbeitssicherheit, Umwelt und Energie. Wenn der
gelernte Maurer und in den Folgejahren selbstständige Facilitymanager nicht gerade mit der Planung neuer Fotovoltaikanlagen oder 75-Jahr-Feiern beschäftigt ist, zieht er in seiner Freizeit gerne den einen oder anderen dicken Fisch an Land und kümmert sich darum, dass die Jugend des SV Höxter unter bestmöglichen Bedingungen trainieren und spielen kann.

Herr Hörnlein, wie viel Prozent des Bedarfes kann Reitz zurzeit mit selbstproduziertem Strom abdecken?

Unsere aktuelle Fotovoltaikanlage produziert 749 kW im Peak, das bedeutet im Ergebnis rund 600.000 kW/h im Jahr, damit können wir ungefähr 25 % des Strombedarfes abdecken. In Planung ist eine weitere Anlage mit 600 kW im Peak und 400.000 kW/h im Jahr, sodass wir dann von ca. 50 % Eigenversorgung sprechen. Reitz verbraucht aktuell 2,1 Mio. kW jährlich, das ist der Verbrauch von 5.000 4-Personen-Haushalten, also einer Stadt wie Holzminden. Auch aus Nachhaltigkeitssicht ist es also nicht unerheblich, dass wir hier vor Ort selbst produzieren und den Strom nicht dem Netz entziehen müssen.

Wäre es mit weiteren Anlagen nicht auch möglich auf 100 % zu kommen?

Ganz klar, nein. Das liegt daran, dass nicht immer, wenn wir fertigen, auch die Sonne scheint. Wir fangen morgens um sechs Uhr an, da hat die Sonne auch im Hochsommer noch nicht genügend Power. Und im Winter ist meistens auch nicht viel los mit Sonnenenergie. Dann müssen wir Strom zukaufen. Nichtsdestotrotz gelingt es uns, unseren Bedarf tagsüber, wenn die Sonne scheint, zu 100 % abzudecken. Dann hauen wir alles weg und können unsere Verbrauchsspitze von 800 kW im Peak selbst produzieren. Aber wir haben eben auch Zeiten, in denen wir entweder zu wenig Strom produzieren oder einen Überschuss. Das ist mit Sonnenenergie unvermeidbar.

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Die Fotovoltaikanlage produziert im Ergebnis rund 600.000 kW/h im Jahr

Was passiert mit dem Strom, der nicht durch 
die Fertigung verbraucht wird? Zum Beispiel am Wochenende?

Der wird dann in das Netz eingespeist. Schade ist, dass man als Erzeuger nur einen Bruchteil des Preises erzielt, den man als Verbraucher bezahlen muss. Beispielsweise zahlen wir 45 Cent pro Kilowattstunde, wenn wir dem Netz Strom entnehmen, erhalten aber nur 6 Cent, wenn wir einspeisen. Bitte nageln Sie mich nicht auf die Zahlen fest. Der Optimalfall wäre demzufolge, wenn man immer sofort den gesamten produzierten Strom verbrauchen oder aber für den Spitzenausgleich speichern könnte.

Gibt es für die Speicherung schon 
praktikable Lösungen?

Ja, aber das ist entweder wahnsinnig teuer, wie die Speicherung auf Basis von Batterien oder mit extrem hohem bürokratischen Aufwand verbunden wie bei der Wasserstoffspeicherung. Am Ende des Tages ist es eine Rechenaufgabe. Wenn der Strompreis weiter steigt und die Speicherkosten sinken, wird es irgendwann attraktiv. Aber selbst dann würden wir wohl nicht mehr als 60-65 % Autarkie in der Stromversorgung erreichen können.

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Karl-Heinz Hörnlein inspiziert die Fotovoltaikanlage auf dem Hallendach in Höxter

Haben Sie immer im Blick, wann wieviel Strom erzeugt, beziehungsweise verbraucht wird?

Dafür haben wir eine wunderbare App. Wenn draußen die Sonne strahlt, geht die Eigenproduktionskurve rapide hoch und die Netzverbrauchskurve drastisch runter. Da wird einem als verantwortlichem Energiemanager natürlich warm ums Herz.

Hatte Reitz die Chancen, die eine interne Stromproduktion mit Fotovoltaik bietet, von Anfang an auf dem Schirm?

Ehrlich gesagt, habe ich schon einige Jahre bevor unsere erste Anlage eingerichtet wurde, Werbung dafür gemacht und vorausgeplant. Als dann plötzlich die Kosten stiegen und sich die Amortisationszeit auf zwei Jahre verkürzt hat, waren wir froh, dass wir so schnell in die Umsetzung gehen konnten. Ich glaube heute gibt es keine Zweifel mehr, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind. Je größer die Unabhängigkeit von den Schwankungen des Marktes, desto besser können wir planen, selbst wenn die Null im Sinne von keinem zugekauften Strom immer eine Wunschvorstellung bleiben wird.

Herr Hörnlein, vielen Dank für das Gespräch.